Aufblühen allerorten. Der Wintereinbruch wurde durch strahlendes Frühlingswetter beendet. Die vor zwei Jahren noch spürbare Zurückhaltung infolge von Corona war überwunden: Der Workshop war schon Wochen zuvor ausgebucht. Und Themen wie Cloud Computing, Chatbots und Quantencomputer haben die Kinderschuhe, auch Hype genannt, abgelegt und sind durch solide Arbeit in Forschung und Praxis einschätzbar geworden.
Der Workshop begann mit drei Beiträgen zum Cloud Computing, vor allem dessen Auswirkungen auf die Softwarearchitektur. Maximilian Schellhorn von Amazon Web Services zeigte anhand der Entwicklung der Angebote von Amazon, wie sich Cloud-Technologien von einem einzelnen Server als Flaschenhals hin zu einer Serverless-Architektur und weiter entwickelt haben. Uwe Beßle und Oliver Widder von iteratec zeigten, welche Erleichterungen sich daraus ergeben, aber auch, welche anspruchsvollen Aufgaben bestehen bleiben oder neu hinzukommen, etwa beim Konfigurieren von Systemen mittels „Infrastructure as Code“. Zur Bewältigung der hierbei entstehenden Vielzahl von Komponenten und Ereignisse stellte Andreas Doblander von Dynatrace eine Landschaft von Werkzeugen vor, mit der sie kontinuierlich beobachtet werden und damit beherrschbar bleiben. Es blieb der Eindruck zurück, dass auch 55 Jahre nach Gründung des Fachs Software Engineering es noch frische Herausforderungen bietet, die eine interessante Zukunft versprechen.
Ein zweiter Strang umfasste Themen zur Sicherheit von Systemen. Michael Brunner von Certainity und Clemens Sauerwein von der Universität Innsbruck stellten vor, wie sich Unternehmen und andere Organisationen auf die Anforderungen des European Cyber Resilience Act vorbereiten können und müssen. Wenn auch nach ihrer Einschätzung das Gesetz nichts Unzumutbares fordert, zeigen sich in der Praxis noch große Lücken etwa bei der Risikobewertung. Ulrike Lechner von der Universität der Bundeswehr in München hat zur Sensibilisierung und Ausbildung eine Reihe von Spielen entwickelt und berichtete über den Designprozess und empirische Ergebnisse dieser Spiele. Michael Vierhauser von der Universität Innsbruck stellte die komplexen sicherheitstechnischen Anforderungen dar, die etwa Drohnen erfüllen müssen, die zur Brandbekämpfung eingesetzt werden.
Lenz Belzner von der TH Ingolstadt gab einen prägnanten Überblick über die Leistungen großer Sprachmodelle, wie sie etwa bei ChatGPT eingesetzt werden und die daraus entstehenden Möglichkeiten, etwa unübersichtliche Anforderungsdefinitionen für Software besser zu strukturieren. Die KI entwickelte etwa überraschend sinnvolle Fragen an die Anforderer zu offenen Punkten. Die Möglichkeiten und Grenzen KI-gestützter Assistenten und Agenten bei der Softwareentwicklung beleuchteten Michael Havlicek und Alexander Moßhammer von iteratec.
Einen spannenden Ausblick auf die von Quantencomputern zu erwartenden Leistungen und Probleme gab Elisabeth Lobe vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Insbesondere der stochastische Charakter dieser Computer wird neue Techniken der Fehlerkorrektur, aber auch ein neues Denken beim Entwickeln von Algorithmen für sie erfordern.
Zwei Sitzungen wurden nicht durch Fachvorträge, sondern durch interaktive Sitzungen in der Form von Barcamps gefüllt. Ein Thema dabei war KI im Internet of Things. Durch die Selektion relevanter Ereignisse direkt auf dem Endgerät lassen sich hier die zu übertragenden und zu speichernden Daten drastisch reduzieren, allerdings um den Preis höherer Angreifbarkeit und geringerer Leistung der verteilten Geräte. Ein anderes Barcamp behandelte den European Union Artificial Intelligence Act. Bei ihm besteht die Gefahr, dass unpräzise Begriffe, wie sie häufig in ihm vorkommen, Rechtsunsicherheit schaffen, vor Entwicklung und Betrieb von KI-Systemen in Europa dadurch abschrecken und anderen Weltregionen einen Vorsprung verschaffen. Bessere und klarere Formulierungen wurden auch in einem Barcamp über regulatorische Anforderungen gewünscht, zusammen mit Rücksicht auf die zu erledigenden Entwicklungs- und Dokumentationsschritte. Ein Barcamp zum Thema Low Code befasste sich u.a. mit der Teilung der Entwickler in zwei Gruppen: Plattform- und Anwendungsentwickler sowie mit Architekturregeln, etwa die Trennung von Prozesswissen und Fachlogik.
Kaum in Worten beschreibbar ist wieder die einzigartige SE-live-Atmosphäre, die sich durch das Programm, die Mahlzeiten und das Zusammensein bis nach Mitternacht zog. Sie wurde auch durch die Auswahl des Veranstaltungsortes, das Schlosshotel Lebenberg in Kitzbühl, sowie die perfekte Organisation ermöglicht. Dafür geht besonderer Dank an unsere Albert-Endres-Preisträgerin Ruth Breu und ihr Team von der Universität Innsbruck.

Bericht vom Workshop „Software Engineering live“ am 25./26.04.2024
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